Ist es möglich Protein nur aus Süßkartoffeln und Darmbakterien zu kultivieren? Nach Untersuchungen, die schon einige Jahrzehnte zurücklegen und deren Erkenntnisse sicher in irgendwelchen Archiven verstauben, ja.
In diesem Artikel erfährst du, was es mit der Eiweiß-Synthese von Süßkartoffeln auf sich hat und wie ein Volksstamm damit Faszinierendes an Informationen geliefert hat.
Wir blicken mal wieder über den sprichwörtlichen „Tellerrand“ und sehen uns an, ob es tatsächlich möglich ist, hochwertiges Eiweiß (Protein) aus Luftstickstoff im menschlichen Darm aufzubauen.
Es ist wie immer spannend…
Proteine aus Süßkartoffeln ? – Geheimarchiv der Ernährungslehre
Die Idee zu diesem Artikel stammt aus dem Buch „Geheimarchiv der Ernährungslehre“ von Dr. R. Bircher.
Die ca. 200 Seiten dieses Buchs sind sehr schön geschrieben und fördern so einiges Interessantes zu Tage. Jedem, der sich mit dem Thema Ernährung befasst, empfehle ich dieses kurzweilige und hochspannende Buch.
Hier werden 30 Themen angerissen und – soweit es dem Autor möglich war – auch immer mit entsprechenden Quellenangaben versehen, was eigene Recherchen erleichtert.
Als ich dieses Buch gelesen habe, bin ich sofort bei dem Thema Protein und „Wandelnde Leguminosen“ hängen geblieben. Spannend insofern, als es zu diesem Thema (Proteinaufnahme) millionenfache Informationen gibt.
Insbesondere beim Thema Protein scheint ja mehrheitlich die landläufige Meinung aller (Kraft)Sportler zu sein: „Viel hilft viel“ und: „zu viel ist niemals genug“…
Doch wie wir gleich sehen werden, gibt es offensichtlich auch Menschen, die trotz (oder vielleicht sogar gerade wegen?) ihres vergleichsweise geringen Proteinverzehrs, sportliche und körperliche Höchstleistungen erbringen konnten (können?).
Protein, Papua Neuguinea und die Süßkartoffel
Um genau zu sein, handelt es sich um einen Forschungsbericht von Prof. Dr. H.A.P.C. Oomen aus Amsterdam, E.H. Hipsley, M. Gorden vom australischen Institut für Anatomie in Canberra sowie E.H. Strenger, vom Biochemischen Labor des Unser-Frauen-Hospitals, in Amsterdam.[1][2]
Oomen und Hispley untersuchten und studierten dabei Bewohner von Neuguinea und deren Ernährungsgewohnheiten.
Was beiden „merkwürdig“ erschien, war der Körperbau der „Völkerschaften“, der von „prächtiger Gesundheit und Körperbeschaffenheit“ war. [3]
Das wäre nicht weiter „merkwürdig“, wenn sich die Bewohner dieses Stammes in Mt. Hagen (Höhe zwischen 1200-2200 Metern) nicht fast ausschließlich von der sehr eiweißarmen Süßkartoffel (je nach Jahreszeit zwischen 75 – 95%) ernährt hätten.[4]
Dr. Bircher beschreibt in seinem Buch die Forschungsergebnisse von Oomen und Hipsley recht detailliert und berichtet, dass diese auf eine „Völkerschaft“ gestoßen sind, „die bei einer Tageszufuhr von nur 15 bis 20 Gramm Eiweiß muskel- und gesundheitsstrotzend lebt (…)“. [5]
Stickstoff – Bestandteil vieler Biomoleküle und der Luft
Um besser verstehen zu können, wie diese „Völkerschaft“ trotz eiweißarmen, einseitigem Konsum von Süßkartoffeln doch ausreichend und qualitativ hochwertige Proteine gewinnen konnte, sehen wir uns kurz das Element Stickstoff (N) an.
Stickstoff (N) , ist ein farb- und geruchloses Gas und mit 78% Hauptbestandteil unserer Atemluft. Er ist zudem ein körpereigener Neurotransmitter, der z.B. die Gefäße weitstellen kann.
Des Weiteren kommt Stickstoff in Proteinen/Aminosäuren vor sowie in Nukleinsäuren (DNA, RNA).
Damit ist Stickstoff also der „Rohstoff“ für Proteine und zunächst reichlich in unserer Atemluft vorhanden. Doch kann man damit einfach Proteine aus der Luft einatmen und auch aufnehmen bzw. den Körper damit versorgen?
Der aktuelle Stand des Wissens oder der„aktueller Stand des Irrtums“ – wie ich ihn gerne nenne – besagt leider etwas anderes: Stickstoff wieder unverwertet wieder ausgeatmet
Es gibt – den Untersuchungen von Oomen und Hipsley zur Folge – jedoch noch eine andere Möglichkeit, den Stickstoff zu binden und zu verwerten. Dies geschieht mit Hilfe von Bakterien, genauer gesagt: Clostridium perfringens C.[6]
Doch was haben die Süßkartoffeln damit zu tun?
Batatenesser, Bakterien und die Darmflora
Wenn das Vorhandensein bestimmter Bakterien im Darm eine Aufnahme von Luftstickstoff und dessen Umwandlung im Körper ermöglicht, was haben dann die Süßkartoffeln (Bataten, Hipomea) damit zu tun?
Nun, laut Bergersen und Hipsley scheint es gerade ein „unkonzentrierter, breiig-massiger, stärke- und faserreicher Darminhalt“ zu sein,(…), in dem „die spezielle“ stickstoffbindende Bakterienflora im Darm gedeihen können (…)“ [7][8]
Somit scheint es also die Kombination aus Ernährung und Darmmilieu zu sein, die den Bewohnern Neuguineas es ermöglicht hat, Proteine selbst im Darm „herzustellen“. Anscheinend so, dass ihr Organismus diese auch verwerten konnte, um ihnen Kraft und Muskelmasse zu beschweren.
Mehr über die Bedeutung deines Darms und welche Rolle er für deine Gesundheit spielen kann, erfährst du in meinen Artikeln: hier (der „richtige“ Stuhlgang) und hier (Leaky Gut).
Fazit/Conclusio
Natürlich kann dieser Blogartikel nicht das komplette Buch von Dr. Bircher oder die zugrundeliegenden Forschungsergebnisse wiedergeben.
Bei Interesse ist hier jeder wieder selbst gehalten, weiter zu forschen. Der Blogartikel dient wie immer nur zur Information und „zum Blick über den Tellerrand“!
Grenzen gibt es nur in unseren Köpfen, also wohl auch in Bezug auf Ernährungslehren und vorherrschende Meinungen zum Proteinkonsum.
Mark Twain (Samuel Clemens) sagte ja schon so treffend:
„Whenever you find yourself on the side of the majority, it is time to pause and reflect”
Zu Deutsch: “Immer wenn du dich auf der Seite der Mehrheit wiederfindest, wird es Zeit, innezuhalten und alles zu überdenken”.
Stellen wir uns als die Frage, woher all diese „Fakten“ kommen. Woher kommt z.B. die Annahme, man müsse pro Mahlzeit mindestens 30g Protein verzehren?
Wer stellt diese Behauptungen und „Studienergebnisse“ auf? Wer hat womöglich ein irgendwie geartetes Interesse solches „Wissen“ zu vermitteln?
Dr. Mikkel Hindhed (1862-1945) kam – durch rigorosen Eigenversuche – z.B. zu seiner Erkenntnis:
„ Du brauchst die Eiweißfrage nicht zu stellen. Von diesem Stoff bekommt man (unter Friedensverhältnissen) stets genügend; es handelt sich eher darum, nicht zu viel davon einzunehmen.“[9]
Das Thema des Proteinaufbaus durch geeignete (siehe oben) Ernährung und entsprechende Darmbakterien finde ich sehr spannend, da es völlig neue Möglichkeiten aufzeigt und neue Denkanstöße vermittelt!
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Literatur zum Thema:
[1]Vgl. The Human Intestine as a Potential Contributer of Utalizable Protein to the Human Diet, Voeding (30/5), 1969, S. 225-230.
[2]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 52 f.
[3]Vfl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 53 f.
[4]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 53 f.
[5]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 55.
[6]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 55.
[7]Vgl. Hipsley, E.H. u. Clements, F. W.: Report of the New Guinea Nurition Expedition 1947. Government Printer 1950, Sydney.
[8]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 63.
[9]Vgl. Geheimarchiv der Ernährungslehre, Dr. Bircher, S. 125.